Dienstag, 16. Dezember 2008

NPD-Verbotsverfahren die 2te!

Der Passauer Polizeidirektor Alois Mannichl wurde am Samstag vor seiner Haustür niedergestochen und schwer verletzt. Vermutet wird ein rechtsextremistischer Hintergrund, womöglich ein Racheakt, da sich Mannichl seit geraumer Zeit im Kampf gegen Rechtsextremismus hervortut. Der Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) stellten daraufhin einen erneuten Anlauf für ein Verbot der NPD zur Debatte. Sebastian Edathy (SPD) fordert: "Keine Bewährung für Rechtsextreme".

Nach einer ersten Täterbeschreibung, die der verletzte Mannichl den Ermittlern geben konnte, handelt es sich offenbar um einen ca. 1,90 Meter großen glatzköpfigen Mann mit bayerischem oder österreichischem Akzent. Eine 20-köpfige SoKo wurde eingerichtet, die Fahndung sogar auf Österreich ausgeweitet.

Während Mannichl sich im Krankenhaus von der Messerattacke erholt, treibt die Diskussion um rechtsextreme Gewalt noch ganz andere Blüten. Horst Seehofer und Joachim Herrmann denken laut über einen erneuten Versuch des Verbotes der NPD nach, was bislang von den unionsgeführten Ländern abgelehnt wurde. So wertet Seehofer den Angriff auf Mannichl als "eine völlig neue Dimension und Herausforderung, der wir uns politisch zu stellen haben". Sollte sich der Verdacht eines rechtsextrmistischen Hintergrundes erhärten, so sei ein Verbotsverfahren ebenso zu prüfen wie die Beobachtung der Szene durch den Geheimdienst sowie die (weitere) Einschränkung des Versammlungsrechtes. "Ich will keinen Zweifel lassen, dass wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln den Rechtsextremismus hier in Bayern bekämpfen", lässt sich der Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende weiter zitieren. Die juristischen Merkmale der Angemessenheit und Geeignetheit der Maßnahmen lässt er indes vermissen.

Sebatian Edathy fordert noch weitergehende Maßnahmen. Neben einem - in seinen Augen längst überfälligen - NPD-Verbot solle die Judikative "bei Körperverletzungen mit rechtsextremer Motivation (...) grundsätzlich keine Bewährungsstrafen mehr" verhängen, da diese Taten besonders verwerflich seien.

Spannend ist die Debatte vor allem, weil - mal wieder - bevor sachliche Erkenntnisse vorliegen, eine Linie zu einer Partei gezogen wird. Sicher gab es Schmähungen auf Internet-Seiten von Rechtsextremisten gegen Mannichl. Aber noch ist nicht bewiesen, dass der Täter ein Rechtsextremist ist. Und schon garnicht ist bewiesen, dass er aus dem Umfeld der NPD stammt. Und noch weniger wird er bevollmächtigt sein, im Namen der Partei zu sprechen und zu handeln. Nicht jeder Rechtsextremist ist Mitglied der NPD. Viele sind nicht mal Sympathisanten. Der Einfachheit halber wird aber wieder die Gleichung aufgemacht: rechtsextremer Hintergrund = NPD. Ließe sich mit ähnlicher Argumentation nach den Ausschreitungen in Heiligendamm oder Köln (oder jedes Jahr zum 1. Mai) auch die Partei Die Linke verbieten?

Ein nicht minder spannender Aspekt ist jener, dass nach Edathy lediglich rechtsextrem motivierte Gewalttaten ohne Bewährung geahndet werden sollen, "weil ihre Beweggründe besonders verwerflich seien". Dass diese Beweggründe besonders verwerflich sind, dem ist nicht zu widersprechen. Widerspruch erntet er aber dort, wo er zwischen Extremisten unterscheidet. So scheint für Edathy linksextrem motivierte Gewalt weniger verwerflich zu sein, wodurch hier durchaus Bewährung legitim sei. Wenn zwei das gleiche tun, scheint es für Edathy noch lange nicht dasselbe zu sein.

Es bleibt festzustellen: Gewalt kann kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein, denn "wer seine Argumente mit anderen Waffen als die des Geistes durchsetzen will, von dem muss man ausgehen, dass ihm die Waffen des Geistes ausgegangen sind". Und solange nur Vermutungen angestellt werden können, sollten Debatten über massive Grundrechtseingriffe wie Parteiverbote vermieden werden.

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