Montag, 24. März 2008

Deutsche Unwissenheit II: die Farben schwarz-weiß-rot

Die Farben schwarz-weiß-rot werden hauptsächlich von Rechtsextremisten benutzt. Im Großteil der Gesellschaft werden sie daher fast automatisch mit ihnen in Verbindung gebracht. So geht man auch in den Medien sofort davon aus, dass jemand mit einer schwarz-weiß-roten Fahne ein „Rechter“ (gemeint ist natürlich ein Rechtsextremist) sein muss. Dem soll Abhilfe geschaffen werden.

Die schwarz-weiß-rote Fahne war die Fahne des Norddeutschen Bundes ab 1867 sowie die Fahne des Deutschen Reiches von 1871 bis 1922. Von 1922 bis 1933 waren sie die Farben der Handelsmarine. Sie steht demnach für die von Bismarck angestrebte „kleindeutsche Lösung“ (alle deutschen Länder außer Österreich) und setzt sich aus dem Schwarz-Weiß des Königreiches Preußen sowie Rot-weiß der Hansestädte zusammen. Die Farben wurden 1871 vom gegründeten Deutschen Reich (wiederum ohne Österreich) übernommen. Mit dem Aufschwung wurden die Farben schnell im Volk akzeptiert, standen sie doch für eine gewichtige deutsche Position in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg und der Ausrufung der Republik entstand ein Fahnenstreit, ob die Farben schwarz-weiß-rot oder schwarz-rot-gold als Staatsfarben angenommen bzw. beibehalten werden sollen. Schwarz-weiß-rot galt weithin als Nationalsymbol und von Linken über die Mitte bis zur Rechten wollte man die Farben beibehalten. Man einigte sich auf einen Kompromiss: die Staatsflagge wird schwarz-rot-gold, die Handelsflagge schwarz-weiß-rot mit schwarz-rot-gold in der linken oberen Ecke. Im Deutschen Reich von 1919 bis 1933 verwendeten mehrere Parteien der politischen Rechten die Farben schwarz-weiß-rot weiterhin. Auch das Offizierskorps der Reichswehr boykottierte die neuen Reichsfarben schwarz-rot-gold zunächst.

Im Dritten Reich wurden die Farben schwarz-rot-gold ziemlich zügig verboten und schwarz-weiß-rot als „gleichberechtigte“ Fahne neben der Hakenkreuzfahne gehisst. Da die Farben als Nationalfarben derart verbreitet waren, musste die Regierung gegen den inflationären Gebrauch vorgehen und verbot die Darstellung auf Alltagsgegenständen aller Art als „nationalen Kitsch“. Nach dem Tod von Hindenburg und der Zusammenführung der Ämter des Reichskanzlers und des Reichspräsidenten unter Hitler wurden die Reichsfarben auf schwarz-weiß-rot festgeschrieben, die Fahne (Staats- und Handelsflagge) wurde die Hakenkreuzfahne. Sogar die sowjetische Propaganda nutzte die Farben schwarz-weiß-rot für ihre sozialistische Organisation im Reich, „Nationalkomitee Freies Deutschland“ (NKFD), um einen besseren Zugang zu den Offizieren im deutschen Widerstand zu bekommen. Weiter sind die Farben in der NS-Führung immer unbeliebter geworden, wurden sie doch weiterhin von der rechtsdemokratischen und monarchistischen Opposition im Staate verwendet.

Nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg waren zwar noch bis Mitte der 1950er Jahre fast die Hälfte der Deutschen für die Farben schwarz-weiß-rot, ein befürchteter Flaggenstreit blieb jedoch aus. Deutsche Behörden gingen sogar streng gegen die Farben vor und entfernten ein Türschild der Bundestagsfraktion der DRP-NDP.

Heutzutage beschränkt sich die Verwendung der Farben schwarz-weiß-rot auf monarchistische Strömungen sowie auf Rechtsextremisten. Dies ist durchaus ein Problem, da die meisten Monarchisten in Deutschland eine parlamentarische, freiheitlich-demokratische Monarchie nach dem Vorbild der Niederlande oder der skandinavischen Königreiche anstreben, also alles andere als undemokratisch gesinnt sind. Sie verurteilen daher die Verwendung – eher den Missbrauch – der Kaiserfarben durch Rechtsextreme aufs Schärfste.

In der Bundesrepublik ist das Zeigen der schwarz-weiß-roten Kaiserfahne erlaubt, ebenso die Handelsflagge. Hingegen verboten ist das zeigen der kaiserlichen Reichskriegsflagge in Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Berlin, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Hessen und Saarland, weil man der Ansicht ist, dies stelle einen „Verstoß gegen die öffentliche Ordnung“ dar. Desweiteren kann es in Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen, Thüringen, Mecklenburg, Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein zu einer Verfolgung wegen Ordnungswidrigkeit kommen, da sie als „Provokation“ gewertet werden könnte.

Es ist also ein Fehler, die Reichsfarben denjenigen zu überlassen, denen sie nicht zusteht. Rechtsextreme nutzen die kaiserlichen Fahnen, obwohl sie eine Diktatur anstreben. Sie nutzen sie zu Unrecht, da ihre Ideologie nichts mit einer parlamentarischen Monarchie zu tun hat. Und die Verfolgung des Zeigens dieser Farben (Reichkriegsflagge) führt dazu, dass Demokraten dies nicht mehr tun werden und sich dies auf Menschen beschränkt, die das demokratische System sowieso ablehnen.

Bild: http://tinyurl.com/2om6wp

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