Samstag, 28. April 2007

Aufruhr in Tallinn

In der estnischen Hauptstadt Tallinn ist es zu Ausschreitungen gekommen. Hintergrund ist der Abbau eines sowjetischen Ehrenmales für die Soldaten der Roten Armee.

Während Esten in diesem Monument ein Zeichen für die jahrzehntelange Unterdrückung iherer Freiheit und Unabhängigkeit durch die sowjetischen Besatzer sehen, sehen viele in Estland ansässige Russen (sie stellen die größte Minderheit und fast 25% der Bevölkerung) darin ein Mahnmal für die Soldaten der Roten Armee, welche im Zweiten Weltkrieg gefallen sind.

Es ist der estnischen Bevölkerung nicht zu verdenken, dass sie in diesem Ehrenmal ein Zeichen der Unterdrückung sieht. Schließlich hat die Sowjetunion über Jahrzehnte mit brutaler Härte dieses Land unter seiner Fremdherrschaft gehalten.

Nachdem Estland im Zuge der Oktoberrevolution 1918 vom Russischen Reich seine Unabhängigkeit erlangte, musste es unter massivem Druck und unter Gewaltandrohung 1940 der UdSSR beitreten. 1941 bis 1944 besetzte das nationalsozialistische Deutschland Estland und wurde - nach den Erfahrungen mit den Sowjets - zunächst als Befreier angesehen. Im Zuge des Zweiten Weltkrieges eroberte die Rote Armee Estland. Es folgten Deportationen, Verschleppungen, Hinrichtungen.

Zwischen 1945 und 1990 führte die Sowjetführung eine aktive Bevölkerungspolitik in Estland durch. So wurden zu Ungunsten der Esten immer mehr Russen angesiedelt.

1991 erreichte Estland seine Unabhängigkeit. Nach 16 Jahren nun möchte Estland die Spuren des sozialistischen Unterdrückerregimes beseitigen. Dies stößt natürlich auf den in der UdSSR sozialisierten Politikern im diktatorisch geführten Russland unter Putin auf Ablehnung. Im sowjet-sozialistischen Vokabular wird die estnische Regierung als "provinzielle Neonazis" bezeichnet. Der Wortschatz wurde also ohne Abstriche übernommen. Weiter forderte die Duma den Abbruch aller diplomatischen Beziehungen zu Estland. Aber das hat keinerlei faktische Auswirkungen, schließlich hat das Parlament in Russland nichts zu sagen.

Bei der Randale in der Hauptstadt Tallinn wurden in den vergangenen beiden Nächten über 160 Menschen verletzt und über 1000 Menschen festgenommen. Und ein Mensch ist leider verstorben. Die estnischen Sicherheitskräfte sind gegen die Randalierer, die über 150 Geschäfte sowie unzählige Autos und Bushaltestellen zerstört haben, vorgegangen. Absolut lächerlich mutet es da an, wenn der russische Außenminister den estnischen Sicherheitskräften "zu hartes Vorgehen" vorwirft. Die russische Polizei ist selbst erst vor kurzem in Moskau und St. Petersburg mit brutaler Gewalt gegen - und das ist der Unterschied - friedliche Demonstranten vorgegangen. Während in Russland friedlich kundgegebene putinkritische Meinungen von der OMON beiseitegeprügelt werden - und dabei auch vor alten Männern und Frauen sowie Journalisten nicht Halt gemacht wird -, versuchte die Ordnungsmacht in Estland nur ihrem innenpolitischen Auftrag - dem Schutz von Recht und Eigentum der Bevölkerung - nachzukommen. Wer das Eigentum anderer beschädigt, muss damit rechnen, von den Sicherheitskräften auch mit Gewalt daran gehindert zu werden.

Als Fazit bleibt zu sagen, dass es einem souveränen Volk zustehen muss, die Ehrenmale der Unterdrücker von gestern zu beseitigen, auch wenn es den ehemaligen Unterdrückern nicht passt.

Bild: destfor.de

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